19-04-03_PM_Hornbach_Rassismus (DE)
Ausgabe 001/2019
Datum 03.04.2019
Ist rassistische
Werbung in Deutschland salonfähig geworden?
Die halbherzige Entschuldigung durch die Pressemitteilung von Hornbach
AG erntet zusätzliche Kritik: Unter dem Hashtag #Ich_wurde_geHORNBACHt machen
derzeit Menschen mit asiatischem Hintergrund (vor allem Frauen) auf den
diskriminierenden Werbespot der Hornbach AG aufmerksam und fordern mit einer
Petition http://chng.it/49shR2kLyM , die binnen
sieben Tagen über 21.000 Unterstützer gefunden hat, eine Entschuldigung und die
Einstellung der Ausstrahlung. Das Unternehmen hat nun einen schlechten Ruf in
Ostasien, noch bevor es die erste Filiale aufmacht.
Der Film zeigt weiße,
westeuropäische Männer über 50 bei der Gartenarbeit, die ihre verdreckten
Unterhemden und Unterhosen an Wissenschaftler in weißen Kitteln abgeben. Nur
der asiatische Wissenschaftler schaut der Wäsche sehnsüchtig seufzend
hinterher. Die Unterwäsche wird eingeschweißt und landet in einem Automaten in
einer asiatischen Betonstadt. Eine junge Asiatin kauft an dem Automaten eine
Tüte mit Unterwäsche, öffnet diese und riecht, tief inhalierend, daran. Sie
blickt berauscht nach oben. Beim zweiten Mal inhaliert sie noch tiefer und
verdreht die Augen wie in sexueller Ekstase.
Die Reaktion von
Hornbach auf den folgenden Aufschrei war eine Einladung zum „Dialog auf
Augenhöhe“. Zeit und Ort dieses Treffens wurde von dem Unternehmen kurzfristig,
werktags in der Firmenzentrale bestimmt. Ein Dialog auf Augenhöhe fand nicht
statt, da Hornbach den abwertenden Spot weiterhin ausstrahlt und das Problem
als Missverständnis abtut.
Das Ergebnis des
Treffens mit drei Teilnehmerinnen war dann, wie in verschiedenen Artikeln zu
lesen, entsprechend: "Es tut uns
sehr leid, dass in Teilen der asiatischen Community in Europa und auch in
Südost-Asien der Eindruck entstanden ist, die Kampagne sei diskriminierend
gemeint. Dafür entschuldigen wir uns" (Florian Preuß, Pressesprecher
Hornbach). Hornbach entschuldigt sich also dafür, dass die Menschen mit
asiatischem Hintergrund sie falsch verstanden haben. Folgerichtig entscheidet
sich das Unternehmen eine Website online zu schalten, die "Missverständnisse und Fehlinterpretationen" ausräumen
soll. Viele der Betroffenen empfinden diese Reaktion als blanken Hohn, nach dem
Motto: „Wir erklären euch mal wie ihr das zu verstehen habt!“
Interessanter
Weiser widerlegen die Macher des Spots, die Werbeagentur Heimat, in ihrer
Stellungnahme ihre eigene Argumentation. Herr Guido Heffels von der
Werbeagentur Heimat gibt selbst in seiner Stellungnahme zum Magazin Horizont
zu: "Der Humor des werblich
überzeichneten Spots beruht auf dem Klischee einer asiatischen, primär
japanischen Automatenkultur...“ will dann aber die gezeigte Situation als „…dystopische(n) Welt vieler Ethnien…“
verstanden wissen.
Herr Heffels
argumentiert ironischer Weise: „...Er
dreht die geschlechterspezifischen Rollen nur komplett um. Wo sich, der urbanen
Mythologie nach, Männer die gebrauchten Slips von jungen Frauen kauften, kauft
nun eine Frau die gebrauchten Shirts der Männer…“
Kein Mensch im
deutschsprachigen, westlichen und auch asiatischen Kulturkreis, weder Mann noch
Frau, will in solcher, von niedrigem Instinkt gesteuerter Weise, dargestellt
werden. Das Bild spiegelt in keinster Weise eine “... selbstbestimmte Frau…" wider, im Gegenteil, die Frau wird
in gleicher abwertender Form dargestellt. Die wenig überzeugende Argumentation
des Werbers: wenn eine Frau einem Mann sexuelle Gewalt antut ist sie
selbstbestimmt, weil sie den Spieß umdreht. Es stellt sich auch die Frage, wie
dieser Film mit einer muslimischen, jüdischen oder afrikanischen Schauspielerin
gewirkt hätte.
Weder die Hornbach
AG noch Herr Guido Heffels von der Werbeagentur Heimat vermag laut
Stellungnahme im Magazin Horizont darin Rassismus zu erkennen. Gerade weil
diese Art von Rassismus aber so subtil ist, ist er so wirksam. Es wird, wenn
auch überzeichnet, das Bild der jungen asiatischen Frau als Sexobjekt, die der
Sexualität von älteren deutschen Männern erliegt, unterstützt.
Die Diskriminierung
des Hornbach Werbespots ist derzeit in den japanischen und koreanischen Medien
sehr aktuell und wird hierzulande komplett unterschätzt. Sie wurde bereits
Thema in den Nachrichten der Hauptsendezeit der öffentlich rechtlichen
Fernsehsender und zieht weite Kreise.
Am 3.4. schaffte der
ausführliche Artikel der
koreanischen Tageszeitung Kyounghyang schaffte es auf die Titelseite der DAUM
News, eins der zwei meistbesuchten Nachrichtenplattforms des Landes. Am 3.4.2019 strahlt der südkoreanische
Nachrichtensender YTN ein 13 minütiges Radiointerview mit einem Sprecher der
Kampagne aus. Auch die japanischen Medien nehmen den Werbespot sehr ernst. Am
2.4.2019 behandelte Fuji TVs beliebte Infotainmentsendung Good Day! die Kampagne #Ich_wurde_geHORNBACHt.
Daraufhin folgten weitere Presseanfragen, unter anderen von Morgennachrichtenshows,
die in Japan besonders einflussreich sind. Tokyo Shimbun, eine Tageszeitung mit über 3.5
Mio. Auflage, berichtet ausgiebig über die Rassismus- und Sexismusvorwürfe
gegen Hornbach. Huffington Post Japan, das unter der jüngeren Generation noch
häufiger als traditionelle Zeitungen gelesen wird, berichtete bereits am
31.3.2019 von der fragwürdige Werbekampagne.
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Für Rückfragen
stehen wir gerne zur Verfügung:
Kampagne
#Ich_wurde_geHORNBACHt
Email:
gehornbacht@posteo.de
Die Kampagne
#Ich_wurde_geHORNBACHt entstand, um das öffentliche Bewusstein über die rassistische
und sexistische Diskriminierung gegen Asiat*innen im Werbefilm „So riecht das
Frühjahr“ von der Hornbach Baumarkt AG aufzuwecken. Die Gruppe besteht aus
derzeit 96 Frauen und Männern unterschiedlichster Nationalitäten. Wir stehen
für interkulturelle Diversität und fordern von Hornbach eine Entschuldigung und
die Beendigung der Ausstrahlung.
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